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Friedrichsberger Straße – Polizei blockiert Tempo 30

01. Februar 2013 Klaus-Peter Görlitzer

Es geht auch anders!

Wer sich für mehr Sicherheit auf und neben Hamburgs Straßen einsetzt, braucht einen langen Atem – und kann sich dabei offensichtlich nicht auf die Polizei verlassen. Beispiel Friedrichsberger Straße: Dort fordern eine Initiative von Anwohnern, der Stadtteilrat Barmbek-Süd sowie der Elternrat der benachbarten Adolph-Schönfelder-Grundschule seit über einem Jahr verstärkt, was bereits seit Dezember 2009 im Quartiersentwicklungskonzept vorgesehen ist: Einführung von Tempo 30 auf Teilabschnitten der Friedrichsberger Straße, wobei der zu entschleunigende Bereich, gelegen zwischen den Straßen Dehnhaide und Eilbektal, ungefähr einen Kilometer kurz ist (Siehe Quartiersinfo 21).

Auch die Lokalpresse berichtete einfühlsam, und schließlich bewegten und einigten sich heimische Politiker über Parteigrenzen hinweg auf einen viel versprechenden Antrag: „Die Friedrichsberger Straße sicher machen – Tempo 30 prüfen!“ stand über dem Papier, das SPD, CDU, Grüne und FDP im Juni gemeinsam in den Regionalausschuss einbrachten. Ob langsamer gefahren werden müsse oder nicht, dies sollten natürlich nicht besorgte Eltern beurteilen, deren Kinder werktäglich zur Grundschule oder zur KiTa Baruhle gehen. Am Zug war selbstverständlich „die zuständige Fachbehörde“, in diesem Fall also die Verkehrsdirektion der Hamburger Polizei. Deren 1-seitige Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass die Einrichtung einer Tempo 30-Zone „nicht befürwortet“ werde, vor allem, weil die rechtlichen Voraussetzungen gemäß Straßenverkehrsordnung nicht vorliegen würden. Diese Einschätzung bekräftigte ein Polizeivertreter Mitte Oktober im Regionalausschuss. Tempo 30 dürfe nur eingeführt werden, „wenn es zu erhöhten Gefährdungslagen komme“, sagte Herr Hanke vom Polizeikommissariat 31, und so etwas hätten die Ordnungshüter im Rahmen ihrer Prüfungen auf der Friedrichsberger Straße nicht feststellen können. Zudem vermerkt das Ausschussprotokoll: „Es werde nicht zu schnell gefahren, auch zeigten sich keine Gefährdungen für Fußgänger und Schulkinder.“ Worauf die Beamten ihre Aussage genau stützen, also was sie wann wo mit welchen Methoden und Resultaten herausbekommen haben, steht allerdings nicht im Protokoll. Der Regionalausschuss nahm die polizeilichen Ausführungen, wie es im Politikerdeutsch heißt, zur „Kenntnis“. Der Ausschussvorsitzende, so vermerkt es das Sitzungsprotokoll, sehe „trotz bestehender Unstimmigkeiten gegenwärtig keine Möglichkeiten, die Situation zu ändern“; dennoch seien die Fraktionen „aufgerufen, sich erneut Gedanken über mögliche Lösungen zu machen“. Das sollten sie nun schleunigst tun und dabei unbedingt auch die Rechtsauskünfte der Polizei angemessen auf den Prüfstand stellen. Wie fragwürdig die Hamburger Ordnungshüter ihre Ablehnungen rechtfertigen, zeigt ein aktuelles Urteil aus Nürnberg, wo seit Sommer 2011 vor den meisten Schulen Tempo 30 gilt. Ein Autofahrer, der vor dem Nürnberger Dürer-Gymnasium geblitzt worden war, hatte sich nicht nur gehörig geärgert, sondern auch gegen das Tempolimit geklagt – die Argumentation des Rasers passt zur üblichen Denke der Hamburger Polizei: Allein die Tatsache, dass eine Schule an einer Straße liege, rechtfertige es ja wohl nicht, die Geschwindigkeit für Fahrzeuge zu begrenzen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat die Klage gegen die Stadt Nürnberg im Dezember 2012 abgewiesen. Zur Begründung verdeutlichte der Vorsitzende Richter Günter Förster, „dass bereits das Angrenzen einer Schule an eine Ortsstraße in der Tendenz eine erhebliche Gefährdungssituation für Schülerinnen und Schüler in sich berge, da sich diese im Schulbereich häufig unvorsichtig verhielten“. Ein zusätzliches Risiko bilde der An- und Abfahrverkehr zur Schule vor Beginn und nach Abschluss des Unterrichts. Mithin habe die Stadt Nürnberg ihre Ermessensentscheidung beim Anordnen von Tempo 30 „ordnungsgemäß ausgeübt“, befand das Verwaltungsgericht.

„Für den Schutz unserer Kinder ist dies ein gutes Urteil“, freute sich Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), „das Grundrecht auf Tempo 50 ist eben niedriger zu bewerten als das Grundrecht auf Unversehrheit.“ Und das Presse- und Informationsamt der fränkischen Metropole betonte, der Entscheid der Ansbacher Verwaltungsrichter habe „weit über Nürnberg hinaus grundlegende Bedeutung für Kommunen in Deutschland“. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur die Bezirksvertretung Nord, sondern auch Hamburgs Polizeibeamte und vor allem die Bürgerschaft das wegweisende Urteil (Az. AN 10 K 12.01123) jetzt genau zur Kenntnis nehmen – und endlich vorbeugend handeln, im Sicherheitsinteresse der schwächsten Verkehrsteilnehmer, in Barmbek-Süd und anderswo im Stadtgebiet. Sie können es, wenn sie denn wollen. Die Anwohner für Tempo 30 auf der Friedrichsberger Straße werden weiter dran arbeiten und voraussichtlich im Frühjahr zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung einladen. Ansprechpartnerin der Initiative ist Nicolette Beuthe-Arnheim, E-Mail: n.beuthe@gmx.de

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