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Tempo 30 rückt langsam näher

01. Juli 2016 Klaus-Peter Görlitzer

Seit rund sieben Jahren engagieren sich Anwohner und Stadtteilrat Barmbek-Süd unermüdlich dafür, die Friedrichsberger Straße für Fußgänger und Radfahrer sicherer zu machen und dort Tempo 30 einzuführen, insbesondere im Bereich der Adolph-Schönfelder-Schule und der Kita Frieberg. Dieses Anliegen haben auch Bezirkspolitiker, quer durch die Fraktionen, wiederholt unterstützt.

Die reale Macht, das Tempolimit anzuordnen, haben aber letztlich Innenbehörde und Polizei, und die stellten sich bislang hartnäckig quer – aktuelle Begründung der Ordnungshüter: Die Friedrichsberger Straße, die täglich von rund 10.000 Autos befahren und von mehreren hundert Kindern unter zehn Jahren frequentiert wird, sei bisher statistisch unauffällig; auf dem etwa einen Kilometer kurzen Streckenabschnitt zwischen Dehnhaide und Eilbektal habe die Polizei in den Jahren 2013, 2014 und 2015 insgesamt 35 Verkehrsunfälle registriert, was eine „geringe Anzahl“ sei. Die Auswertung habe „keinen Hinweis auf die Unfallursache ‚Geschwindigkeit‘“ und auch keinen Schulwegunfall ergeben, steht in einem Schreiben, das Peter Vogt, Leiter der „Abteilung Prävention und Verkehr“ des hiesigen Polizeikommissariates 31, Ende April an einen Anwohner geschickt hat, der erreichen will, dass auf der Friedrichsberger Straße langsamer gefahren wird. Ein weiteres Schreiben pro Tempo 30, abgesandt am 10. Juni von Elternrat und Leitung der Adolph-Schönfelder-Grundschule, war bis Redaktionsschluss noch nicht polizeilich beschieden worden.

Die nächste Antwort der Präventionsabteilung müsste ermutigender ausfallen. Denn in Berlin hat sich inzwischen was Wichtiges getan: Mitte Juni gab die schwarz-rote Bundesregierung grünes Licht für die „Erste Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung“ (StVO). Was hinter dem bürokratischen Begriff steckt, skizzierte das von CSU-Politiker Alexander Dobrindt angeführte Verkehrsministerium per Mitteilung vom 15. Juni: „Die Straßenverkehrsbehörden dürfen auf Hauptverkehrsstraßen bislang nur bei Nachweis einer ungefähr um ein Drittel über dem Normalfall liegenden besonderen Gefahrenlage streckenbezogen Tempo 30 anordnen – z.B. durch Nachweis eines Unfallschwerpunktes. Künftig soll diese hohe Anordnungshürde entfallen. Die Straßenverkehrsbehörden können damit z. B. vor Schulen, Kindergärten, Altersheimen leichter Tempo 30 auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen anordnen.“ Eine weitere Regierungsmitteilung zum selben Thema benennt als „sensiblen Bereich mit besonders schützenswerten Verkehrsteilnehmern“ ausdrücklich auch Krankenhäuser. Der geplanten Regelung, deren Wortlaut allerdings noch nicht veröffentlicht ist, muss auch der Bundesrat noch zustimmen; geht alles glatt, könnten die neuen Möglichkeiten für mehr Sicherheit wohl schon 2017 in Kraft treten – und dann auch in Hamburg wirksam werden.

Die Innenbehörde hat laut Hamburger Verkehrsdirektion inzwischen gesagt, sie stehe den geplanten Neuregelungen „aufgeschlossen gegenüber“; es erscheine jedoch „erforderlich, zunächst die genaue Ausgestaltung des neuen bundesgesetzlichen Rechtsrahmens abzuwarten“. Erst danach werde nämlich „erkennbar sein, wo diese im Einzelfall zur Anwendung kommen können“. Diese – keineswegs klare – politische Positionierung lässt ahnen, dass Tempo 30 wohl auch künftig kein Selbstgänger vor „sensiblen Bereichen“ in der Hansestadt wird; Bürger werden wohl auch weiterhin, aktiv und öffentlich, Tempo 30 einfordern müssen.

Bei alledem ist darauf zu achten, dass die Polizei mit „sensiblen Bereichen“ gleich sicher verfährt. Für Barmbek-Süd bedeutet dies: Nach Inkrafttreten der StVO-Änderung, die für die Anordnung von Tempo 30 vor Schulen, Kitas, Altenheimen und Kliniken ja keine auffälligen Unfallzahlen mehr verlangt, darf die Friedrichsberger nicht anders behandelt werden als andere Straßen mit Schulen und Kitas in Hamburg. Genau in den Blick genommen gehört zudem die Dehnhaide, dort insbesondere der viel und schnell befahrene Streckenabschnitt, der an das Gelände der Schön-Klinik grenzt.

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